Über die jüngst berichtete Pleite der weltweit siebtgrößten Schiffscontainergesellschaft Hanjin Group lässt sich so viel sagen, als dass dieser Kollaps Wellen durch eine ohnehin bereits stark angeschlagene Branche schwappen lässt. Doch nicht nur das. Auch für viele Kredit gebende Banken scheint es nun immer enger zu werden.

Deutsche Geldhäuser in starkem Maße in Schiffscontainerbranche engagiert

Welche Banken, fragen Sie? Antwort: Eng wird es insbesondere für eine Reihe von deutschen Kreditinstituten! Denn deutsche Geschäfts- und Staatsbanken, die in der Vergangenheit teils sehr beträchtlich in die globale Schiffscontainerbranche investiert hatten, haben immer größere Probleme damit, in diesem Sektor ausstehende Kredite in Höhe von Multimilliarden US-Dollars zurückzuholen.

Wie aus internen Schätzungen unter einigen der größten Kreditgeber hervorgeht, soll sich ein Viertel (!) der Kreditnehmer in der globalen Schiffscontainerbranche mit den Zahlungen im Rückstand befinden. Insgesamt beläuft sich dieses Kreditsegment auf einen einst vergebenen Kreditbetrag von etwas mehr als 400 Milliarden US-Dollar. Demnach stünden zu gegebenem Zeitpunkt also rund 100 Milliarden US-Dollar an Krediten für die Banken im Feuer. 

Neben der britischen Royal Bank of Scotland, die im letzten Jahrzehnt kaum ein Minenfeld an den Weltfinanzmärkten ausgelassen hat, erweisen sich vor allem deutsche Geschäfts- und Staatsbanken als größte Darlehensgeber eines Sektors, der sich seit fast einer Dekade in einem beständigen Absturz befindet. Von den etwas mehr als 400 Milliarden US-Dollar, die an Krediten im Sektor ausstehen, entfallen allein 100 Milliarden US-Dollar auf deutsche Banken.

Billiges Zentralbankgeld (wieder einmal) als Treiber

Es ist seit vielen Jahren ein offenes Geheimnis, dass vor allem deutsche Kreditinstitute dem globalen Schiffscontainersektor das (Kredit-)Geld nur so nachgeworfen hatten. Dies galt in erster Linie für jene Zeit vor Ausbruch der globalen Finanzkrise, in der die Branche wie kaum eine andere von einem hauptsächlich durch billiges Zentralbankgeld angefachten Boom im Welthandel profitiert hatte.

Jetzt blickt eine ganze Reihe von deutschen Kreditgebern teils hohen Abschreibungen auf toxische Schulden entgegen. Auch Verkäufe von Kreditpaketen zu Ausverkaufspreisen werden unter Analysten keineswegs mehr ausgeschlossen. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Beträge Geierfonds und diverse Spekulationsfonds für einen Erwerb der durch eine Welle von Zahlungsausfällen bedrohten Darlehen auszugeben bereit sein werden.

Signifikanter Abschwung im Welthandel

Eine Reihe von Segmenten in der globalen Schiffsindustrie leidet – wie in der Vergangenheit berichtet – unter dem schlimmsten Absturz, der sich in der Branche jemals beobachten ließ. Diese Situation wird durch einen signifikanten Abschwung im Welthandel nur noch weiter verschärft. 

Zwar werden mehr als 90% des Welthandels über Containerschiffe abgewickelt, doch Experten warnen davor, dass der Ende August  erfolgte Zusammenbruch des südkoreanischen Konzerns Hanjin Group nur die Spitze des Eisbergs sein könnte. Denn nach wie vor leiden die Betreiberunternehmen unter massiven Überkapazitäten. Im Rahmen einer in der vergangenen Woche stattfindenden Konferenz in London, zeigten sich Branchenvertreter besorgt darüber, dass dem Schiffsbausektor und Werftbetreibern ein Kollaps ins Haus stehen könnte.

Ähnliche Kommentare ließen sich kurz zuvor auch seitens des Vorstands der deutschen HSH Nordbank vernehmen. Über den ungesehenen Absturz des Baltic Dry Index, der laut mancher Kommentatoren keine Indikatorfunktion mehr aufweisen sollte, hatte ich in den vergangenen Jahren hinlänglich berichtet.

In Boomzeiten vor Ausbruch der globalen Finanzkrise klingelten unter Schiffsbetreibern für so genannte Schütt- und Trockengutcontainer oder Öltankeranbieter die Kassen. Nicht selten verdienten diese Container- und Frachtschiffbetreiber pro Vehikel bis zu 200.000 US-Dollar am Tag. Heutzutage sind die Tagespreise hingegen auf 12.000 bis 15.000 US-Dollar gefallen.

Ein großer Teil der Risiken leitet sich insbesondere für deutsche Kreditgeber wieder einmal aus geschlossenen Investmentfonds oder so genannten Kommanditgesellschaften ab. Diese geschlossenen Fonds setzten allesamt auf ein und dasselbe Geschäftsmodell. Sie kauften Container- und Frachtschiffe, um diese dann an große Schifffahrtsbetreiber zu vermieten.

Die Pleite der Hanjin Group macht deutlich, wo der Schuh drückt. Die Anzahl der Betreiber am Weltmarkt nimmt immer stärker ab, so dass auch immer weniger Kunden zur Verfügung stehen, die an einer zukünftigen Anmietung von Fracht- und Containerschiffen interessiert wären.

Überkapazitäten an den Weltfrachtgütermärkten - Nachfrage sinkt beständig

Doch Schiffsbetreibergesellschaften hatten in den vergangenen Jahren auch selbst ihre Flotten durch Zukäufe von Vehikeln weiter aufgestockt. Gerade aus den Boomzeiten lagen noch viele Bestellungen vor, die vor Kurzem oder heute erst ausgeliefert werden. Die Überkapazitäten an den Weltfrachtgütermärkten nehmen bei beständig sinkender Nachfrage also weiter zu. 

Wie im Frühsommer durchsickerte, habe die Europäische Zentralbank eine Prüfung der Bankbilanzen der in der Eurozone am stärksten von der Situation betroffenen Institute eingeleitet, um die Kreditgeber zu einer Kapitalaufstockung zu drängen. Vielerorts wird davor gewarnt, dass unter vielen Kreditgebern noch immer weitaus zu optimistische Modelle zum Einsatz kommen.

Dazu sollen unter anderem die Royal Bank of Scotland und die deutsche NordLB gehören. Erst Anfang September hatte die NordLB die durch Schiffsfinanzierungen ins Straucheln geratene Bremer Landesbank übernommen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"